Gedanken - Tag 6
Applaudieren vom Balkon, wahlweise singen „Der Mond ist aufgegangen" oder „Freude, schöner Götterfunken", gemeinsam beten mit oder ohne Kerze im Fenster, entweder 19 Uhr oder 20.20 Uhr, mit oder ohne Kirchenglocken - und bestimmt weiß ich nur die Hälfte von dem, was zwangsisolierte Menschen einander näher bringt. Ich staune über die Kreativität, die ich mir gewünscht habe, als es noch keine Aufrufe zur sozialen Distanz gab. Aber der Virus scheint eine Intelligenz zu besitzen, die auf jeden Fall ihr Ziel erreicht: Abstand erzeugen, vereinzeln, soziale Energien zerstreuen, den Trend zur Individualisierung nutzen und verstärken. Selbst wo alle Ideengeber*innen den guten Vorsatz haben, die verordnete Distanz zu überbrücken, folgt und mainifestiert die Menge der Initiativen den gesellschaftlichen und kirchlichen Trend und verschärft nach meine Empfinden noch einmal die Frage: Was hält uns zusammen? Bei George Bernard Shaw las ich mal sinngemäß: Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert, nicht mit schlechten. Und ich frage mich: auf welchem Weg sind wir mit unseren vielen guten Vorsätzen? Die Prüfung der Geister (1. Joh. 4, 1) bliebt uns wohl nicht erspart. Ihr nachdenklicher Pastor Torsten Morche
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